Eine Betrachtung des deutschen Regelwerkes
 und Gloranthabuches von Andreas "
Pittel" Pittelkow

"Die Heldenkriege werden ausgetragen zwischen... Dem, was war, und dem, was sein wird."

, das neue Rollenspiel für Glorantha, ist auf der Spiel 2000 vorgestellt worden. Der französischen Firma Multisim ist es gelungen pünktlich zur Messe ein wirklich sehr ansprechendes neues Rollenspiel in deutscher Sprache zu veröffentlichen. HW ist ein Storytelling System von Robin D. Laws welches die Welt Glorantha besser beschreibt als RuneQuest dies tat. Da wären wir auch schon bei einem der Hauptunterschiede zum Vorgänger. HW ist speziell für Glorantha konzipiert und kein generisches Rollenspiel mehr. Es ist nicht mit RQ kompatibel und doch kann man seine alten Helden adaptieren.

Der erste Eindruck ist beeindruckend, man merkt das die Franzosen wissen worauf es bei dem Äusseren eines Spieles ankommt. Beide Bücher haben ein Hardcover mit einem ansprechenden Titelbild. Die Titelbilder sind nicht die bei Rollenspielen üblichen kitschigen Muskelhelden, sondern zeitgemässe, farblich stimmige Cover. Man kann es fast für eines der edleren Fachbücher als ein Rollenspiel halten. Auch das Layout im inneren der Bücher ist solide. Fehler (wie Tabellen über Seitenumbrüche) die im Orginal bitter aufgestossen sind wurden beseitigt. Leider fehlt am Ende der eigentlich obligatorische Index, was für ein Regelbuch schon sehr nützlich wäre. Ich habe natürlich einige Tippfehler entdeckt, aber das scheint in der heutigen Zeit auch niemanden mehr wirklich zu interessieren. Erfreulich ist dass in der europäischen HW-Version das Rulesbook und das Narrators Book zusammengefasst wurden. Die Illustrationen im Regelbuch entsprechen denen des Orginals, während das Gloranthabuch durchweg neu illustriert wurde. Das Prinzip Regel - Hintergrund soll bei den Veröffentlichungen der Zukunft beibehalten werden. Das Cover der Regelbücher wird immer ein Rüstungsteil oder Waffe zeigen (hier Helm) und das Hintergrundbuch immer etwas kulturelles (hier ein bekanntes Fresko im Lunaren Imperium). Als nächstes kündigte Frédéric WEIL (Herausgeber des europäischen HW) Pavis, Big Rubble und River of Cradles an. Auch als ein Regelbuch mit den entsprechenden Schlagwörtern für Pavis und Prax und als ein Hintergrundbuch zu der Region. Da den Franzosen die amerikanischen Publikationen nicht schnell genug gehen, verfolgen sie eine zusätzliche (europäische) Produktlinie. Das amerikanische HW wird sich in erster Linie mit Sartar, den Orlanthi und den Lunaren beschäftigen. Europa (französische, deutsche und später auch spanische Version von Hero Wars) wird auch mit Material aus der Pavisregion versorgt werden. Dieses HW wird eher ein europäisches Produkt bleiben wie Frédéric uns mitteilte: "In Europa wird mehr Zeit und Energie auf das Layout, Design und Aussehen verwandt. Daher sieht das französische und deutsche Hero Wars besser aus als das amerikanische." Eine Kampfansage, der Multisim bisher gerecht wird.


Zum Inhalt:
ie Regeln weichen von den "üblichen" Regeln in Rollenspielen stark ab. Es ist ein System ohne (!) Lebenspunkte, Magiepunkte oder Charakteristika (Stärke, Geschicklichkeit etc.). Alles was man braucht ist ein einziger Würfel 20. Der Charakter wird im wesentlichen durch drei Schlagwörter beschrieben: Herkunftskultur, Beruf und Religion. Daraus setzen sich dann die entsprechenden Fähigkeiten und magischen Talente zusammen. Während der Charaktererschaffung ist kein einziger Würfelwurf nötig. In der fortgeschrittenen Variante schreiben die Spieler 100 Wörter, die ihren Charakter und seine Fähigkeiten beschreiben. Alles in dieser Beschreibung ist dann auch für das Spiel gültig. Beispielsweise schreibt ein Spieler das er sein ererbtes verstärktes Kettenhemd von Urur-Onkel Caradoc immer gut in Schuss hält, dann hat der Spieler dieses höchst mysteriöse Artefakt auch. Ein Yinkinjäger der mit seinen Alynxfreunden jede Nacht auf die Pirsch geht wird um die mentale Fähigkeit Katzensicht nicht herumkommen. Die erfahrenen RQ Spieler brauchen für ihre aktiven Charaktere sich also nur die entsprechenden Schlagworte heraussuchen und eine 100 Wörter Zusammenfassung ihrer Figur schreiben und schon ist der Held konvertiert. Die Wahl der Gottheit und der Status den man innehat, bestimmt Art, Anzahl und Stärke der magischen Fähigkeiten (Affinitäten). Dieses Affinitäten sind in keiner Weise mit der RQ-Magie zu vergleichen und wesentlich umfangreicher als es bei RQ der Fall war. Entscheidet man sich z.B. einen Geweihten von Vanganth zu spielen, ist der Anfängercharakter in der Lage sich die meiste Zeit im Spiel fliegend fortzubewegen. Er muss dafür nicht beten, Magiepunkte irgendwelcher Art ausgeben oder sonstwas bewerkstelligen: Er kann es einfach. Diese Affinitäten sind nicht durch Regeln eingeschränkt, sondern müssen vom Spielleiter und den Spielern interpretiert werden. Was man z.B. unter "Knurren der Dunkelheit" versteht kann sehr innovativ umgesetzt werden.

Bei HW werden vier verschiedene, gegeneinander konkurierende Magiesysteme beschrieben: Theistische Magie von den Göttern, Zauberei aus dem Westen, Animistische Magie der Geister und Schamanen und zu guter letzt die Mystische Magie der Drachenherrscher Kraloreas. Weitere Magiesysteme wie Drachen- und Chaosmagie werden in diesem Regelbuch nicht betrachtet.

Die Regeln an sich basieren auf einem Punktesystem, bei dem der Charakter versuchen muss die Aktionspunkte des Gegners bzw. des Problems unter Null zu bekommen. Dies gilt gleichermaßen für Feinde, wie auch für alle anderen Situationen des Rollenspiels. Ein Heiler "kämpft" quasi mit der Wunde, oft sogar um Leben und Tod. Es handelt sich hier nicht mehr um ein Vergleichen von Spielwerten, sondern um die Basis für den Spielleiter (Erzähler) und die Spieler die Geschichte zu gestalten. Im Regelbuch sind einige sehr schöne Beispiel dafür, oft auch in Verbindung mit Spielfilmsequenzen (viele Aktionspunkte entsprechen z.B. lauter werdende Musik).

Das Gloranthabuch ist genau so solide produziert wie das Regelbuch. Hier wird die Welt der Heldenkriege oberflächlich beschrieben. Es sind die Älteren Rassen dargestellt, sowie Abrisse über alle Gebiete auf Genertela und Pamaltela. Die Genertela Box von RQ ist damit nicht neu aufgelegt. Beides zusammen ergibt einen ausführlichen Hintergrund. Natürlich findet man Überschneidungen, aber ich würde beides eher als Ergänzung sehen. Für einen Überblick von Glorantha könnt Ihr unsere entsprechende Seite konsultieren.

 ist ein neues Rollenspiel in deutscher Sprache. Die Aufmachung ist mehr als nur gut gelungen und die Regeln sind modern und flexibel. Ich hatte schon auf der Spiel 2000 das Gefühl das ein Interessse an einem neuen Fantasy Rollenspiel besteht. Hoffen wir das beste!

Hier erste Eindrücke der HW-Spielrunden unserer Vorstandsmitglieder:
André: "Nachdem ich es meinen Spielern abgewöhnt habe in den üblichen und eingefahrenen Rollenspielklischees zu denken, kommen sie in Hero Wars gut zurecht."

Fabian: "Kurz gesagt: ich kann mir gar nicht mehr vorstellen wie es moeglich war die letzten 10 Jahre auf Glorantha ohne Hero Wars zu spielen. Ich liebe dieses Spiel."

Wer will kann sich eine deutsche Regel-Synopsis herunterladen, die alle wichtigen Tabellen sowie die Regeln in Kurzform enthalten!


Hero Wars - Rollenspiel in Glorantha
von Robin D. Laws, Roderick Robertson, Shannon Appel & Greg Stafford
Multisim; 2000
320 Seiten; € 34.26 (bei
Pegasus) oder € 35.72 (bei www.Tradetalk.de)

Glorantha - Die Welt
von Peter Metcalfe
Mutisim, 2000
288 Seiten; € 34.26 (bei
Pegasus) oder € 35.72 (bei www.Tradetalk.de)