Versuch einer kurzen Einführung  von Jörg Baumgartner & Andre Jarosch

Wie sieht die Welt aus?
Glorantha ist eine Blase der Realität in der Unendlichkeit aller schöpferischen Möglichkeiten der Leere. Nur durch die Einschränkung dieser Unendlichkeit kann es eine Realität geben.

Die Landmasse von Glorantha besteht aus zwei größeren Kontinenten nördlich und südlich eines bodenlosen Mahlstroms in der Mitte der Welt sowie einigen kleineren Kontinenten bzw. größeren Inseln. Am besten bekannt sind die Kulturen und Länder des nördlichen Kontinents Genertela, dessen bewohnbarer Teil sich etwa 5000 km in ost-westlicher und knapp 2000 km in nord-südlicher Richtung erstreckt. Nach Nordwesten hin wird der Kontinent von einer Eiskappe unbekannter Ausdehnung bedeckt, hinter der einige Reiche der Heldenebene liegen, und schließlich auch der äußere Ozean, Sramak's Fluß genannt.

Der südliche Kontinent Pamaltela grenzt im Süden an das brennende Meer an, wo einst das Feuer der Sonne oder des Himmels ausgegossen wurde.

Über dieser Welt wölbt sich ein Himmel, den die Sonne am Tag von Osten nach Westen überquert, um dann in der Nacht durch die Unterwelt zurück nach Osten zu den Toren der Morgendämmerung zu reisen. Das Firmament dreht sich um eine Achse, die ungefähr senkrecht auf der Mitte der Welt steht. Die meisten Sterne hängen fest am Himmelsdom, die Sonne, die Monde und die Planeten wandern darunter auf ihren Pfaden, am Rand oder über der oberen Luft.

Nach der Sonne der wichtigste Himmelskörper ist der Rote Mond, der fest über dem
Nordwesten der Welt in der Mittleren Luft steht wie eine blutige Wunde mitten im
angestammten Gebiet von Orlanth.
Alle sieben Tage durchläuft der Rote Mond alle Phasen von seiner vollen, leuchtenden Phase bis zu einer dunklen Phase und wieder zurück.

Geordnete Zeit ist ein relativ junges Phänomen auf Glorantha. Der Beginn der Zeit liegt knapp über 1600 Jahre zurück. Ein Jahr in Glorantha hat 294 Tage, die sich nach dem gebräuchlichsten Kalender von Genertela auf fünf Jahreszeiten zu je acht Wochen zu je sieben Tagen sowie eine zweiwöchigen "Heiligen Zeit" aufteilen.

Welche Völker und Kulturen gibt es dort?
Menschen stellen die dominierenden Völker und Kulturen in der Welt der Lebenden, aber "Zwerge" (Mostali; wissenschaftlich denkende Humanoide aus Stein, die beständig versuchen, die defekte Weltmaschine zu reparieren), "Elfen" (Aldryami; humanoide laufende Pflanzen aus Holz und Blättern, die die Wälder schützen) und "Trolle" (Uz; dunkelhäutige, große humanoide Wesen der Dunkelheit, die zwar rauhe Sitten haben, aber keinesfalls weniger intelligent sind als Menschen) sowie verschiedenartige Meermenschen, Tiermenschen, Drachenartige und Elementarwesen spielen ebenfalls eine große Rolle. Die Sicht der Welt erfolgt üblicherweise durch die Augen der Menschen, die sie in vier gleichrangigen, aber von völlig verschiedenen Voraussetzungen ausgehenden Weltanschauungen wahrnehmen. Die Materialisten des Westens betrachten z.B. die Sonne als
einen feurigen Ball, der über den Himmel wandert, die Theisten des nördlichen Zentrums betrachten die Sonne als Manifestation der jeweiligen Sonnen-Gottheiten, die Mystiker des Ostens sehen in ihr ein Vorbild auf dem Weg zur Transzendenz, und die Animisten interessieren sich für die damit verbundenen Geister mehr als für den physischen Körper. Natürlich ist keine dieser Anschauungen exklusiv, und Kontakte der Kulturen haben darüberhinaus Mischformen oder Adaptionen der Sicht der Nachbarn entwickelt - so erklären die monotheistischen Materialisten die Sonnengottheit(en) der Theisten als mächtige
Zauberer, die sich auf die Magie der Sonne spezialisiert und leichtgläubige Menschen als Anbeter gewonnen haben.

Bisher sind mit Ausnahme der Mystiker die wichtigsten menschlichen Weltanschauungen und deren Kulturen recht detailliert beschrieben.

Die ausführlichsten Beschreibungen haben wir für die Sturmbarbaren, das aus vielen zivilisierten Völkern zusammengesetzte Lunare Imperium, die feudalistischen, monotheistischen Malkioni und die schamanistischsten Tiernomaden von Prax sowie für das nichtmenschliche Volk der Trolle.

Wie ist die Magie und Anderswelt beschaffen?
Magie ist allgegenwärtig auf Glorantha. Einige Magie gehört zum Alltag der Bewohner, andere Magie ist außergewöhnlich und ein großes Ereignis.

Die Anderswelt ist nirgends fern und hat einen Einfluß auf die Welt der Lebenden. Geister und Dämonen kommen aus der Anderswelt, und Verstorbene reisen in das Totenreich in der Unterwelt oder in ein anders Nachleben, wie es ihre Religion vorgibt. Neues Leben kann nur in der Inneren Welt entstehen, aber immer gleichzeitig auch auf und aus der Anderswelt.

Besonders begabte Individuen können die Anderswelt betreten und dort Veränderungen bewirken, die sich auch auf die Welt der Lebenden auswirken. Üblicherweise spricht man von Helden (oder Zauberern), die in der Heldenebene Questen durchführen.


Die (Rollen-) Spielsysteme
Es gibt zahlreiche Spielregeln nach denen auf Glorantha gespielt wurde und wird, und das jeweilige Spielsystem beeinflußt zum Teil auch den Spiel-Level.

HeroQuest / Hero Wars 
Hero Wars ist das neueste Glorantha RPG. Es besitzt gerade soviel Regeln, wie nötig sind, um Glorantha sowohl in seiner Gesamtheit wie auch in kulturellen Details darstellen zu können. Kurzum ein Spielsystem, das aufgrund von wenigen, einfachen, durchdachten Regeln einsteigerfreundlich ist, aber genug Details bietet, um Fortgeschrittenen dennoch mehr Möglichkeiten zu bieten als jedes andere zuvor. Hero Wars ist primär ein Storytellinggame, welches mehr auf das Ausspielen der Spielsitution gibt, als darauf, alles 100%ig zu simulieren. Hero Wars kann auf jedem Charakter-Level gespielt werden, von einer Bauernkampagne über eine Abenteuerkampagne bis hin zu einer Heldenkampagne. Empfohlen wird aber nichts unterhalb der Abenteurerkampagne, und es wird schon mehr als nur angedeutet, daß eine Heldenkampagne anvisiert wird. 
Hero Wars ist ein fertigkeitsorientiertes Spielsystem, das ohne Eigenschaften und Attribute auskommt. Jeder Einsatz einer Fertigkeit / Fähigkeit wird mit dem W20 durchgeführt, wobei eine natürliche 1 ein kritischer Erfolg ist, ein gewürfelter Wert von 2 bis einschließlich des Fertigkeitswerts ein Erfolg, alles über dem Fertigkeitswert bis zur 19 ein Mißerfolg und eine natürliche 20 ein kritischer Fehler. 
Es gibt drei mögliche Arten, einen Fertigkeitswurf durchzuführen, je nach Wichtigkeit und Dramatik der Situation wird eine andere gewählt. Ausdauerpunkte, Magiepunkte und Lebenspunkte sind nicht existent, somit werden die Ergebnisse einiger Situationen zwar abstrakter, aber gerechter ermittelt (dies hier weiter auszuführen würde zu weit führen). 
Magiearten gibt es derer vier: Animistische Magie mit ihren Talenten, Theistische Magie mit ihren Wundern, Zauberei mit ihren Zaubern und Mystizismus mit seinen magischen Fähigkeiten. Regeltechnisch werden alle Magierichtungen gleich eingesetzt (wie eine Fertigkeit), doch ihr Anfühlen, Sehen und Effekt ist unterschiedlich. 
Hero Wars besitzt den großen Vorteil, daß alles mit demselben Spielsystem gemacht werden kann, egal ob man Bauern, Abenteurer, Helden, Götter, Kulturen oder Naturgewalten darstellt, und daß bei der Simulation die Relation zwischen den verschiedenen Ebenen nicht außer acht gelassen wird, ohne daß man das Würfelsystem wechseln muß.

Dragon Pass / Nomad Gods
Angefangen hat alles in den siebziger Jahren mit den Brettspielen "Dragon Pass" und "Nomad Gods" (zur Zeit nur in ihrer französischen Inkarnation, aber mit englischen Spielregeln, erhältlich), die den epischen Kampf zwischen dem barbarischen Sartar gegen das Lunare Imperium beschreibt, bzw. die Kämpfe der verschiedenen Stämme der Reitervölker von Prax um die Vormachtstellung in diesem Gebiet. Das dritte Spiel der Reihe, "Masters of Luck and Death", welches in Kethaela spielen sollte, ist nie erschienen. 
Diese Spiele sind Konfliktsimulationen mit Dutzenden von Papp-Countern, die auf einem Spielfeld mit Hexfeldern bewegt werden. Mehrere Szenarien können gespielt werden. Es besteht die (theoretische) Möglichkeit, die Bretter beider Spiele nebeneinander zu legen und so ein "Superbrett" zu schaffen.

RuneQuest 
Das erste Glorantha Rollenspiel war RuneQuest, welches der Vater des innovativen Basic Role Playing wurde. Es erschien von 1978 bis 1995 (1978 RQ I, 1979 - 1983 RQ II und 1984 - 1995 RQ III).  
Im Laufe der Jahre hatten sich dort drei Settings etabliert: Sartar, Prax (bzw. die Region des Wiegenflusses in Prax) und Dorastor.  
RuneQuest war ein fertigkeitsorientiertes Spielsystem, welches seine Fertigkeitswürfe mit einem W100 (auch Prozentwürfel genannt) regelte. Ein Wurf unter seinem Fertigkeitswert ist ein Erfolg, ein Wurf darüber ein Mißerfolg, besonders gute oder besonders schlechte Würfelergebnisse führen zu weiteren Vor- oder Nachteilen. 
Die Eigenschaften, Stärke, Konstitution, Größe, Intelligenz, Geschicklichkeit, Mana und Aussehen, sind nicht nur wichtig für Eigenschaftswürfe, sondern beeinflussen auch die Basischancen der Fertigkeiten und davon abgeleitete Attribute wie Ausdauer, Magiepunkte oder Lebenspunkte.  
Konsequenzen aus Waffengängen zeigen sich im Verlust von Ausdauerpunkten und
Gesamtlebenspunkten, sowie Schaden an der getroffenen Trefferzone des Körpers.
RuneQuest ist stark auf eine realistische Simulation der Spielergebnisse ausgerichtet.  
Es diente als Basis für die Regelsysteme von z.B. Cthulhu, Stormbringer und Nephilim. Grob angelehnt daran ist auch Pendragon.


Spielsysteme von Fans 
Es existieren einige weitere Regelsysteme und Hybridsysteme. Zu nennen wären davon: 
- "PenDragonpass" von David Dunham und Freunden, welches den Glorantha-Hintergrund und die RuneQuest-Magie mit den Regeln von Pendragon verbindet (in "Enclosure" # 1 und online) 
- "Moon Wars" von David Hall und Freunden, welches annähernd den selben Ansatz hat, nur nie so bekannt geworden ist.  
- "GOON Quest" von Loren Miller ist ein simples System, was dazu dient, so viele Regeln wie möglich über Bord zu werfen (in "Codex" Magazin # 3). 
- "Maximum Game Fun" von Michael O´Brien geht schon sehr in Richtung Storytelling und wird, wie der Name schon vermuten läßt, bei nicht ganz ernst gemeinten Szenarien verwendet (in "Enclosure" # 1 und online).
- "BODGERS (Basic One Die Glorantha Epic Roleplaying System)" von Lewis Jardine
verwendet RuneQuest als Basis und modifiziert es so, daß es mit einem Würfel zu spielen ist.  
- "RuneQuest - Adventures in Glorantha" (aka RQ 4) von Oliver Jovanovic, Michael McGloin & Carl Fink. Dies Regelwerk ist ein verbessertes oder verschlimmbessertes (je nachdem wen man fragt) RQ 3.
- "Fire and Sword" von Ray Turney basiert lose auf Pendragon.

Einige Fans haben aber auch mit anderen kommerziellen RPGs erfolgreich auf Glorantha Abenteuer erlebt. Ich habe schon von erfolgreichen Rolemaster, GURPS, Elric! (dann Argrath! genannt) und Prince Valiant (dann Prince Argrath genannt) gehört.


Computerspiele

King of Dragon Pass 
Das erste offizielle Computerspiel für Glorantha, herausgegeben von A Sharp. Der Spieler leitet einen Orlanthi-Clan durch die Neubesiedelung der Quivin-Hügellande nach dem Drachentöterkrieg, und führt die benachbarten Clans in eine neue Ära.

Glorantha als Hintergrund für Civilization II 
Civilization II ist ein beliebtes Strategiespiel, für das man Szenarien und 
Karten ausarbeiten kann. Das hat ein Glorantha-Fan ausgenutzt und eine  
Landkarte des Dragon Pass sowie die dort ansässigen Völker ausgearbeitet und dies auf seiner Homepage abgelegt.



Copyright

Glorantha ist das Warenzeichen von Issaries, Inc., and wird hier mit Erlaubnis verwendet. Issaries, Inc. ist das Warenzeichen von Issaries, Inc. Der Inhalt dieser Seite ist copyright © by RuneQuest Gesellschaft e.V. (und/oder den jeweiligen Verfassern), 2002; jedes Material welches sich auf Greg Staffords Welt Glorantha bezieht ist auch ein copyright von Greg Stafford. Glorantha ist die Kreation von Greg Stafford und wird hier mit Erlaubnis verwendet.