HeroQuest
Rezension von André Jarosch

Das Cover ist eine direkte Fortsetzung des Titelbildes der "Deluxe Hero Wars" Box. Der Orlanth Geweihte und die Anbeterin der Roten Göttin treffen nun direkt aufeinander.
Der Schriftzug "HeroQuest" ist eine Mischung aus dem ursprünglichen Hero Wars Schriftzug und dem von Multisim erdachten Runenschriftsatz.

Das 288 Seiten starke Buch ist weit mehr als ein "Hero Wars 2nd Edition": Die Grundregeln wurden beibehalten, doch wurde der gesamte Text neu geschrieben. Einige Dinge wurden vereinfacht und zusammengefasst, andere ausgeweitet und detailierter besprochen. Es gibt wahrscheinlich kaum einen Absatz der unverändert übernommen wurde (das erinnert mich an die "Umarbeitung" von Stormbringer 4th Edition auf Elric!, bzw. die jetzige Stormbringer 5th Edition).

Nach je einem Vorwort von Robin Laws und Greg Stafford wird auf der Einführung darauf hingewiesen "Euer Glorantha wird anders sein.". Und das ist beabsichtigt! Das Glorantha des jeweiligen Spielleiters und seiner Spielgruppe ist wichtig und richtig: Greg Staffords veröffentlichtes Glorantha ist nicht das Maß aller Dinge, sondern lediglich die Basis aller unterschiedlichen Gloranthas der Spielgruppen.

In "Playing HeroQuest" wird auf die grundlegenden Elemente des Rollenspiels und speziell des Spiels in Glorantha eingegangen. Eine Übersichtskarte Gloranthas zeigt die Fixpunkte der anstehenden Heldenkriege und macht in je einem Satz dem Leser den Mund wässerig mehr darüber zu hören. Ein Spielbeispiel und ein ausgefülltes Charakterblatt gehören auch zu diesem Kapitel.

In "Heroes" werden mit anschaulichen Spielbeispielen die drei unterschiedlichen Methoden der Charaktererschaffung erläutert, so wie Charakterbögen der Beispielcharaktere gegeben. Zwölf Berufe (Berufsschlagworte), die in den meisten Kulturen vorkommen, werden aufgeführt. Dann folgt eine Übersichtskarte Genertelas, des Nordkontinents, auf der die 10 Basiskulturen markiert und mit je zwei Sätzen beschrieben sind.
Darauf folgen doppelseitige Beschreibungen der 10 gängigen "Homelands" die für Einstiegscharaktere vorgesehen sind. Das Beschreibungsformat, welches uns schon im "Imperial Lunar Handbook" vorgestellt wurde, umfasst die Länder: Bison People (in Prax), Dara Happa (im Lunaren Imperium), Esrolia, Esvular (die früheren sogenannten Aeolinge in Heortland), Grazer, Heortling, Puma People, Seshnela, Tarsh und Teshnos.

Ein kurzes Kapitel, "Hero Improvements", beschäftigt sich mit der regeltechnischen Weiterentwicklung der Charaktere.

Die "Core Rules" gehen auf die Spielmechanismen ein: Den Einfachen Wettstreit, in dem lediglich zwei gegeneinander eingesetzte Fertigkeiten durch einen Würfelwurf miteinander verglichen werden, und den Erweiterter Wettstreit, in dem eine Abfolge von Würfelwürfen erfolgt und in Folge dessen Punkte gesetzt, verloren oder gewonnen werden, bis einer auf 0 oder unter 0 Punkten ist, was dann den Sieg des Gegenübers zur Folge hat.
Dies funktioniert bei allen Fertigkeiten, doch hier wird noch einmal separat speziell auf Kampf und Heilung eingegangen.

Mit "Relationships" widmet sich HeroQuest einem Kapitel, das andere Rollenspiele schmerzlich vermissen lassen: Den Beziehungen zum Rest der Welt!
JEDER hat eine Beziehung zu so einigen Dingen; im Falle eoines Heortlings zu: Verwandten, Freunden, dem Clan, dem Stamm, dem Kult, dem Götter-Pantheon, seinem speziellen Gott, seinen Rivalen, Gegnern, Feinden, den Persönlichkeiten seiner Umgebung etc.
Hier sind die Regelmechanismen um dies darzustellen. Sie sind nicht zu unterschätzen, da sie sowohl dem Spielleiter Möglichkeiten bieten den Charakter in Abenteuer zu verwickeln, als auch dem Spieler die Möglichkeit bieten die Richtung der Handlung mit zu beeinflussen.
Unter Beziehungen versteht dieses Kapitel auch die "Hero Band" und ihren "Guardian".

"Basic Magic" beschäftigt sich zunächst mit der Magie in Glorantha generell und geht dann auf die "Common Magic" und die "Specialized Religions" und ihre Handhabung, so wie ihre Vor- und Nachteile ein. Fünf Beispiele für "Common Magic Keywords" schliessen das Kapitel.

"Theism" beschreibt die göttliche Magie: Anbeter, Initiierte und Geweihte. Was man tun muss und welche Vorteile man durch diese Form der Magieanwendung hat und welche zusätzlichen Vorteil und welche Verpflichtungen durch welchen Status. Elf theistische Kulte verschiener Pantheons und die Beschreibung theistischer Kreaturen und der Götterwelt runden das Kapitel ab.

"Animism" beschreibt die animistische Magie: Spiritisten, Praktiker und Schamanen. Auch hier werden Vorteile und Verpflichtungen eingehend betrachtet. Elf Praktiken verschiedener Traditionen werden beleuchtet und animistische Wesen und die Geisterwelt beschrieben.

"Wizardry" beschreibt die Zauberei: Mitglieder, Liturgisten, Ordernsanhänger, Ordensliturgisten und Adepten. Die Kirche mit ihren Heiligen Orden und die Zauberer Schulen werden besprochen. Vorteile und Verpflichtungen werden aufgeführt. Neun Heilige oder Orden verschiedener Kirchen geben Beispiele für diese Art der Magie und essenzielle Wesen und die Essenzebenen werden beschrieben.

In "Narrating" wird die Erzählerin noch einmal auf ihre Aufgaben vorbereitet:
Tipps, Tricks, Hinweise und Regeln um das Spiel für alle zu verbessern. "Your Glorantha will vary" und "Maximum Game Fun" sind da nur die Spitze des Eisberges.

"Heroquesting" schildert die Herangehensweise an die Heldenquesten und das Heldenquesten. Glorantha ist untrennbar mit Heldenquesten verbunden, so sollte man sich frühzeitig mit diesem Aspekt Gloranthas beschäftigen. Es ist durch dieses Kapitel leichter als je zuvor Heldenquesten spielbar und überhaupt nicht regellastig zu gestalten.

In "Creatures" werden 46 Kreaturen, Rassen, Wesen Gloranthas mit Spielwerten und einer Kontext gebenden Beschreibung dargestellt.

Die "Introduction to Glorantha" gibt einen kurzen Einblick in die wichtigste Basis der Mythologie und Geschichte, so wie der wichtigsten Reiche und Kulturen. Ein etwas detailierterer Blick auf den Drachenpass mit seinen Reichen und Kulturen (und einer aus dem RQ2 Regelbuch wiederverwendeten Landkarte) gibt einen ersten Einblick in den Schmelztiegel der Heldenkriege.

"HeroQuest Adventures" sind das was die Kapitelüberschrift suggeriert: Abenteuer
Eine kurze Einführung beschreibt den Aufbau eines HeroQuest Abenteuers und führt die üblichen Gründe für Abenteuer auf, dann folgen vier Einsteigerszenarios für Heortlingcharaktere, die jeweils auf ein anderen Fokus gerichtet sind:
- "High Pressure Front" ist ein auf Kampf basierendes Abenteuer, gerade heraus.
- "Chasing Kites" behandelt die soziale Komponente: Beziehungen und die interaktion inerhalb der Kultur.
- "Fish Rain" ist ein magisches Abenteuer, welches mit den ungewöhnlichen Elementen Gloranthas spielt.
- "Heavy Earth" führt die Charaktere erstmals in die Kunst des Heldenquesten ein.

In "Sample Hero Bands" werden drei Heldengruppen vorgestellt, denen man beitreten, begegnen oder die man zum Feind haben kann: Arshkuveth´s Own, Hearthdrummers und Prophets of the Golden Age. Dazu kommen noch ein paar Beispiele eines Guardians.

Unter "Runes" werden die häufigsten, in vielen Kulturen wiederkehrenden, Runen erläutert.

In der "Bibliography" sind reale Bücher aufgeführt die als Inspiration für Glorantha gedient haben.

Unter "Game Aids" findet man eine Zusammenfassung der Charaktererschaffung und der Regeln, so wie Kosten der Charakterentwicklung und Beispiele für Wiederstände.

Ein "Glossary" und ein "Index" beschliessen das Buch.

Das Buch ist durchgängig gut in schwarz/weiss illustriert, weist ein ansprechendes, übersichtliches Layout auf und bietet zahlreiche Spielbeispiele, um Regeln und ihre Handhabung in Spielsituationen zu erläutern.
Die Beispielcharaktere, wie auch die Spielsituationen nehmen Glorantha nicht zu Bierernst, sondern spiegeln den wahrschelich eher lockeren Umgang der Spieler mit der Spielwelt wieder, was die Beispiele unverkrampft (für manch einen Glorantha-Fan vielleicht sogar ZU locker) rüberkommen läßt. Schräge Ideen der Beispiel-Spieler werden berücksichtigt, was den tatsächlichen Spielern und Spielleitern Mut machen sollte dies auch zu tun und sich nicht zu sehr auf Gregs Glorantha festnageln zu lassen.

HeroQuest hat es tatsächlich geschafft die in Hero Wars etwas umständlich erklärten Regelteile verständlich zu machen, komlizierte Regeln zu vereinfachen oder durch Zusammenfassungen sogar zu streichen.
Der Wegfall einer Heroquesten-Tabelle und die Trennung von physischen und mentalen Fertigkeiten seinen da nur als Beispiel genannt.
Die Theistische Magie wurde leicht überarbeitet, der Animismus schon stärker und die alte Soercery sogar ziemlich umgestrickt (und heisst jetzt Wizadry). Die Common Magic ist nun der Normalfall, wie auch eine Mischung der Magiearten durch "Missaplied Worship". Eine reine Verwendung eines der Magiesysteme ist eher die Ausnahme und bleibt wahren Helden (unseren Helden?) überlassen.
Der Wegfall des Mystizismus ist zwar schade, aber diese vierte Magierichtung wird bei Zeiten in einem Supplement nachgeliefert werden, wenn sich die Heldenkriege in eine Region bewegen in der diese ausschlaggebend ist.
Die HeroQuest Abenteuer sind deutlich gloranthastimmiger als die in Hero Wars.

Ich vermisse die eine oder andere Kleinigkeit der Hero Wars Regeln in HeroQuest (Berserk Attacks, Gifts and Geases, Flying, Price List, Black Horse Country, die Herobands, Heldenqueste und Episoden), bin mir aber sicher, dass diese in Supplements nachgeliefert werden, sobald sie relevant werden.

Auch wenn der Preis nicht gerade billig ist (andererseits: Die Hero Wars Deluxe Box war auch nicht günstiger) lohnt sich der Kauf. Von den zahllosen Regelverbesserungen/Neuerungen einmal abgesehen, befinden sich in diesem Buch reichlich Glorantha-Fakten, die es zuvor noch nirgendwo zu erfahren gab.

So wie HeroQuest jetzt daher kommt hätte Hero Wars gleich an sein sollen…
Hero Wars ist tot, lang lebe HeroQuest!


HeroQuest
von Robin D. Laws & Greg Stafford
Issaries Inc.; 2003
288 Seiten; € 47.50 (bei
www.Tradetalk.de)